Drohen dem russischen Internet chinesische Verhältnisse?

In Moskau protestieren Tausende gegen die geplante Einschränkung des WWW

Für die Freiheit des russischen Internets gingen in Moskau am vergangenen Sonntag über 15.000 Menschen auf die Straße. Hinsichtlich der Teilnehmerzahl übertraf die Kundgebung sogar die Proteste gegen die Rentenreform vom Vorjahr. Nach Polizeiangaben lag die Beteiligung allerdings deutlich niedriger. Auffallend viele junge Leute fanden sich ein, wobei fast alle der Opposition zuzurechnenden politischen Spektren vertreten waren. Mit soviel Auflauf hatten die Veranstalter von der nicht offiziell registrierten Libertären Partei und der Gesellschaft zum Schutz des Internets gar nicht gerechnet.


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Das Marihuana, das gar kein Marihuana ist

Ojub Titijew steht in Tschetschenien vor Gericht, weil ihm Drogenbesitz vorgeworfen wird. In Wahrheit soll der russische Menschenrechtler mundtot gemacht werden.

Am 11.  März werden im Prozess gegen Ojub Titijew die Schlussplädoyers der Anklage und des Angeklagten gehalten – doch eigentlich ist längst alles gesagt. Nur das Wesentliche war nicht Bestandteil der Verhandlung. Juristische Verfahren in Tschetschenien drehen sich selten um die Frage nach Schuld oder Unschuld.

Titijew, der 61-jährige Leiter des lokalen Büros der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, muss sich wegen Besitz von 207,84  Gramm Marihuana vor einem Gericht in Schali, südöstlich der Hauptstadt Grosny, verantworten, aber sein tatsächliches Vergehen besteht darin, dass er sich seit fast zwei Jahrzehnten akribisch um die Aufklärung von Missständen in der zur Russischen Föderation gehörenden Nordkaukasusrepublik bemüht. Zwar gilt dort formal das gleiche Recht wie in allen anderen Landesteilen, Anwendung finden jedoch die ungeschriebenen Gesetze ihres Präsidenten Ramsan Kadyrow. Wer diese nicht befolgt, muss mit Konsequenzen rechnen. Schlimmstenfalls mit dem Tod. Читать далее

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Extrem verfolgen

Regierungskritiker und kritische Journalisten werden in Russland immer wieder wegen extremistischer Straftaten und ähnlicher Vorwürfe verfolgt.

Symbolisch für die Verfolgung extremistischer Straftaten steht in Russland die Zahl 282. Dahinter verbirgt sich einer der umstrittensten Paragraphen des russischen Strafgesetzbuches, nämlich die Aufstachelung zum Hass, auf den bis zu sechs Jahre Haft stehen. Anders als bei Volksverhetzung im deutschen Strafrecht taucht im russischen Pendant der Begriff nicht näher definierter sozialer Gruppen auf, gegen die sich die Tat richten kann. Das führt zu einer willkürlichen Anwendungspraxis, was nicht allein die Anzahl an Urteilen belegt, sondern vor allem die Auswahl zur Last gelegter Verdachtsmomente. Als soziale Gruppe wertete die Staatsanwaltschaft in einem Fall sogar russische Armeeangehörige.

Heftige Kritik in der Öffentlichkeit führte Ende 2018 zu einer Reform des Gummiparagraphen. Читать далее

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Eine kleine kaukasische Oase

In der georgischen Hauptstadt bietet ein Projekt einen Rückzugsort für bedrohte AktivistInnen aus ganz Zentralasien, Russland und Weissrussland. Dutzende finden hier etwas Ruhe vor Schikanen und Verfolgung.

Sonne, Meer, Berge, Wein und kulinarische Köstlichkeiten – Georgien bietet sämtliche Voraussetzungen für genussreiche Ferien. Der Tourismus boomt. Die Reisenden stammen vor allem aus den umliegenden Ländern Aserbaidschan, Russland und Armenien, aber auch aus der Türkei und dem Iran.

Aus der Sicht von MenschenrechtlerInnen wie Jewgeni Pisemski aus der russischen Stadt Orjol gibt es aber noch zwei weitere ausschlaggebende Gründe für einen Aufenthalt in der georgischen Hauptstadt Tiflis: die unkomplizierten Einreisevorschriften und der Umstand, dass Georgien unter den ehemaligen Sowjetrepubliken den Ruf geniesst, ein sicherer Rückzugsort zu sein. Читать далее

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Die Folterer brauchen keine Fälscher

Die staatlichen Repressionsorgane in Russland erzwingen vermehrt durch Folter Geständnisse von Antifaschistinnen und Antifaschisten. Gefälschte oder fabrizierte Beweismittel sind damit nicht mehr nötig.

Fast täglich gibt es Meldungen über festgenommene Oppositionelle in Russland. Manche kommen wieder frei, gegen andere werden Strafen auf Bewährung verhängt oder man fordert von ihnen hohe Geldbußen ein. Neue Strafparagraphen warten auf ihre Anwendung und bieten fin­digen Gesetzeshütern reichlich Handlungsspielraum. Betroffene sind auf ­Solidarität angewiesen, um nicht komplett unter die Räder zu geraten. Normalität und Ausnahmezustand lassen sich nicht mehr eindeutig unterscheiden. Repression gehört zum Alltag, hält jedoch immer wieder Überraschungen parat. Читать далее

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Aufklärung unerwünscht

Im Fall der drei im vorigen Sommer in der Zentralafrikanischen Repub­lik getöteten russischen Journalisten wurden neue Recherchen veröffentlicht. Sie legen nahe, dass die Journalisten in einen Hinterhalt gelockt wurden.

Ein halbes Jahr ist seit der Ermordung von drei russischen Journalisten in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) vergangen. Zeit genug für umfangreiche Ermittlungen, doch die Aufklärung des Falls lässt auf sich warten. Das größte Interesse, die Umstände, den Verlauf und die Hintergründe aufzudecken, die zum Tod von Orchan Dschemal, Alexander Rastorgujew und Kirill Radtschenko geführt haben, zeigt der im Exil lebende ehemalige »Oligarch« Michail Chodorkowskij. In dessen Auftrag waren die drei kriegserfahrenen Profis in Afrika unterwegs, um Material für einen Film über die Wagner-Gruppe, eine russische Söldnertruppe, zu sammeln. Doch die ZAR, eines der instabilsten und unterentwickeltsten Länder der Erde, in dem Kämpfe zwischen konkurrierenden christlichen und muslimischen Milizen die Gesellschaft lahmlegen, war für sie Neuland. Am 30. Juli 2018, zwei Tage nach ihrer ­Ankunft, fuhren sie nach Einbruch der Dunkelheit mit einem Auto aus der Stadt Sibut heraus und wurden kurz darauf erschossen. Читать далее

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Fragen der Schoa

Das Moskauer »Zentrum für die Geschichte des Holocaust« zeigt erstmals Forschungsergebnisse in Berlin

Vier Studentinnen und ein Student sitzen konzentriert an einem Tisch und notieren eifrig jeden präzise formulierten Gedankengang ihres Professors. Es geht um die Klärung grundlegender Begrifflichkeiten und Zusammenhänge, ohne die sich die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden nicht in Worte fassen und verstehen lassen.


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Seit drei Jahren beherbergt die Russische Staatliche Universität für Geisteswissenschaften RGGU nahe dem Kreml das »Zentrum für die Geschichte des Holocaust und der Völkermorde«. Читать далее

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Verlustgeschäft für Gazprom

Deutschland und Russland halten an der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 fest. Die Ukraine befürchtet, durch das Projekt erneut in Gefahr zu geraten.

Angesichts aller politischen Differenzen zwischen Deutschland und Russland ist es bemerkenswert, wie sehr sich die Rhetorik der Führungen beider Länder gelegentlich ähnelt. So verhält es sich auch beim umstrittenen Bau einer ­Gaspipeline durch die Ostsee von der russischen Küste bis nach Greifswald. Die Pipeline Nord Stream 2 soll noch in diesem Jahr ihren Betrieb aufnehmen und russisches Gas nach Westen transportieren. Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat lange Vorarbeit geleistet, Angela Merkel setzt sich ebenfalls dafür ein. Dabei vertritt die Bundesregierung den Standpunkt, es handele sich um ein rein wirtschaftliches Projekt. Vom russischen Präsidenten Wladimir Putin, der seinerseits auf rein kommerzielle Hintergründe verweist, erwartet ohnehin niemand etwas Anderslautendes. Читать далее

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Estland, Lettland, Litauen

Die drei baltischen Staaten befinden sich in einem Dilemma. Eigentlich sind es sogar mehrere. Sie sind lange genug Mitglied in der Europäischen Union (EU), um deren Vorteile ausgiebig in Anspruch zu nehmen, aber auch, um Skepsis an den Tag zu legen. Nur ein Drittel der Bevölkerung, oder wie in Estland sogar noch weniger, ist der Ansicht, die EU entwickle sich in die richtige Richtung. Andererseits sieht über die Hälfte der EinwohnerInnen keine Alternative zur EU und ist sich sicher, dass ein Austritt keine sinnvolle Option für Problemlösungen auf nationaler Ebene darstellt. Zudem spielen im Baltikum ideelle und politische Faktoren eine tragende Rolle, die in dieser Form in anderen Teilen Europas nicht existieren. Читать далее

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Im Zeichen der Schwalbe

In Russland wird 75 Jahre nach der Leningrader Blockade über die Gedenkkultur gestritten

Am 27. Januar 1944 endete nach 872 Tagen die Blockade Leningrads durch die deutsche Wehrmacht. Noch immer liegen keine endgültigen Angaben über die Opferzahlen vor. Fest steht, dass Hunderttausende in der von der Außenwelt weitgehend abgeschnittenen Stadt einen qualvollen Hungertod erlitten. Heute leben noch 86 000 Menschen, die offiziell als Blockadeteilnehmer registriert sind. Das bedeutet, sie hielten sich im besagten Zeitraum nicht weniger als vier Monate in Leningrad, das im Jahr 1991 wieder in St. Petersburg umbenannt wurde, auf und konnten dies durch entsprechende Dokumente nachweisen.


Hier haben Bewohner im blockierten Leningrad aus einem Eisloch Wasser entnommen. Foto uw

Nur dann haben Blockadeüberlebende Anrecht auf zahlreiche staatliche Vergünstigungen und eine gesonderte soziale Unterstützung, einschließlich medizinischer Behandlung in einem speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Krankenhaus. Zum 75. Jahrestag der Beendigung der Blockade, die im deutschen Narrativ über den Zweiten Weltkrieg immer no…

ute weinmann

nd

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