Von Misstrauen geprägte Grundkonstellation

Russland verbindet mit Biden auch Hoffnungen in ökonomischer Hinsicht — wie ein Aufleben des internationalen Handels

»Die US-Präsidentschaftswahlen sind das Ereignis des Jahres, weil es sich um Wahlen mit einem offenen Ausgang handelt.« Solch ironisch gemeinte Aussagen sind in Russland nicht selten zu hören. Tatsächlich unterscheiden sich beide Länder nicht zuletzt in dieser Hinsicht, aber die USA dienen häufig einfach nur als Projektionsfläche. Ein Kräftemessen, wie es zu Zeiten der Sowjetunion üblich war, ist heutzutage nicht mehr denkbar. Aber als Atommächte und große Flächenstaaten gibt es immer noch ausreichend Vergleichspotenzial und so nimmt der Blick über den Ozean weiten Raum ein. Sogar zu viel für den Geschmack so mancher russischer Experten. Von partnerschaftlichen Beziehungen sind die beiden Länder jedenfalls weit entfernt. Wie sich das Wahlergebnis im Weiteren darauf auswirkt — und ob überhaupt -, ist in Russland seit Monaten Diskussionsthema. Platz für Optimismus findet sich dabei allerdings kaum. Читать далее

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Пятнадцатилетний Русский марш

4 ноября – юбилей одного из наименее славных событий в постсоветской России. Все эти годы я вела свою летопись Русского марша.

Ровно 15 лет назад в Москве проходило первое согласованное с властями крупномасштабное шествие русских националистов и неонацистов в современной истории страны. Тысячи приверженцев правой идеологии шли от Чистых прудов до Славянской площади под флагами Движения Против Нелегальной Иммиграции (ДПНИ) и такими лозунгами как «Россия против оккупантов!» и «Русские идут». Завершался «Русский марш» — именно под этим брендом правые разных мастей будут ежегодно в эту дату маршировать и впредь — прямо под окнами Администрации президента. Лучшее символическое решение было трудно себе представить, ибо зачинщики мероприятия, давно ставшего традиционным, имели там свои кабинеты.

В далеком 2005 году впервые отмечался праздник с расплывчатым названием «День народного единства». Читать далее

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Als Vaterlandsverräter abgestempelt

Giyas Ibrahimow ist für die aserbaidschanischen Behörden kein Unbekannter. Vor vier Jahren brachte der heute 26-Jährige zusammen mit einem Genossen kritische Graffiti an einem Denkmal des Präsidenten Geidar Alijew an, dem Vater des heutigen Präsidenten Ilham Alijew.

Giyas Ibrahimow stellt sich als einer von wenigen in Aserbaidschan gegen den Krieg in Bergkarabach

Sie haben gemeinsam mit 16 weiteren jungen aserbaidschanischen Linken Ende September angesichts der Kämpfe um die Region Bergkarabach eine Antikriegserklärung unterzeichnet. An wen ist sie gerichtet und mit welcher Reaktion haben Sie gerechnet?

Uns ist bewusst, dass sich solche Konflikte nicht militärisch lösen lassen. Die ausweglos erscheinende Lage kann sich so noch verschlimmern, insbesondere wenn der Krieg von einer Regierung wie der unseren geführt wird, die sich am Rande einer Diktatur bewegt und Menschenrechte mit den Füßen tritt. Selbst wenn man der Ansicht ist, dass ein Teil unseres Landes seit 28 Jahren von armenischen Streitkräften besetzt wird, bedeutet das noch lange nicht, dass ein Krieg uns Nutzen bringt. Wir haben erwartet, dass wir als Vaterlandsverräter abgestempelt werden. Außer einigen wenigen jungen Leuten hat sich unsere gesamte Opposition um die Regierung zusammengescharrt, die sie noch vor Kurzem als diktatorisch bezeichnete.

Hat in Aserbaidschan niemand Ihre Erklärung öffentlich unterstützt?

Nein. Einige Personen haben uns lediglich das Recht zugestanden, unsere Meinung kundzutun und fanden, dass wir deshalb nicht verfolgt werden dürfen. Читать далее

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»Ein Telegramm birgt etwas Geheimnisvolles«

Anna Voronkova (39) ist Übersetzerin und Dolmetscherin aus dem Finnischen und Spanischen. Während der Corona-Pandemie sind die meisten Veranstaltungen ausgefallen, Voronkovas Arbeit wurde nicht mehr gebraucht – sie verlor ihren Job. Wegen ihrer Spanisch-Sprachkenntnisse kam sie mit in Moskau gestrandeten Kubanerinnen und Kubanern in Kontakt, denen sie half, Dokumente zu beantragen, Essen und Kleidung zu bekommen. Um doch ein bisschen Geld zu verdienen, trägt sie nun Telegramme für die Post aus.

Vom Kreml sind es gerade mal fünf Minuten zu Fuß bis zur in einem verwinkelten Hinterhof gut versteckten Postfiliale, wo sich Anna Voronkova mit zwei Kollegen einen Raum teilt. Da der Zutritt für Außenstehende verboten ist, trinken wir frischen Ayran im benachbarten türkischen Café. Das Gespräch hat noch gar nicht richtig begonnen, als Voronkova über das Handy die Bitte einer Kubanerin erreicht, ihr ein wenig Geld für ein Metroticket zu leihen. Dann sagt sie: »Postzusteller mit einem Gehalt von knapp 22 000 Rubel gehen eigentlich nicht ins Café …«

Das sind etwa 250 Euro, und die Lebenshaltungskosten in Moskau sind ähnlich hoch wie in Deutschland. Wenn Sie sich das nicht leisten können — warum sitzen wir dann hier?

Für mich ist das eine Brücke zu meinem Leben vor der Pandemie und vor meiner Zeit als Postangestellte.

Vor der Pandemie waren Sie Übersetzerin und Dolmetscherin. Warum haben Sie angefangen, ausgerechnet bei der Post zu arbeiten?

Das ist meine Therapie. Читать далее

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Ein neuer Impuls für den Widerstand

Die liberale Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja droht dem belarusischen Machtapparat mit einem landesweiten Generalstreik. Bei den Gewerkschaften stösst die Idee allerdings nicht nur auf Wohlwollen.

Streik ist in Belarus das Zauberwort der Stunde. Mit diesem Druckmittel, so das Kalkül weiter Teile der Opposition, könnte es gelingen, Alexander Lukaschenko aus dem Präsidentensessel zu hieven. Dennoch sorgte dessen Herausforderin Swetlana Tichanowskaja, die vielen BelarusInnen als eigentliche Siegerin der Präsidentschaftswahl gilt, mit ihrer Ankündigung für Furore.

Am 13. Oktober stellte sie dem Machtapparat ein Ultimatum: Sollte Lukaschenko bis zum kommenden Sonntag nicht seinen Rücktritt erklären, die Polizeigewalt auf den Strassen nicht gestoppt und die politischen Gefangenen nicht freigelassen werden, beginne am Montag ein landesweiter Generalstreik in allen Unternehmen. Читать далее

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Dialog hinter Gittern

Das Regime in Belarus gibt sich einerseits kompromissbereit, gestattet aber andererseits den Schusswaffengebrauch gegen Protestierende. Die Oppositionsführerin Tichanowskaja hat Präsident Lukaschenko nun ein Ultimatum gestellt.

Alexander Lukaschenkos liebstes Gesprächsformat ist der Monolog. Seine diesbezüglichen Fertigkeiten entwickelte er in bisher 26 Jahren als Präsident von Belarus bei seinen typischen mehrstündigen Auftritten bis zur Perfektion. Ließe er sich auf einen Dialog ein, wie es die Europäische Union und viele belarussische Oppositionelle von ihm fordern, müsste er mit alten Gewohnheiten brechen. Am 10. Oktober demonstrierte der Autokrat anschaulich, wie er sich den Gedankenaustausch mit jenen vorstellt, die ihn nicht mehr im Amt sehen wollen. Im Untersuchungsgefängnis des Geheimdiensts KGB in Minsk besuchte er inhaftierte Oppositionelle, unter anderem seinen zu den Präsidentschaftswahlen nicht zugelassenen Herausforderer Wiktor Babariko, gegen den wegen Korruption ermittelt wird. Читать далее

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Vom Knast ins Weiße Haus

Nach Protesten gegen die Manipulation der Parlamentswahlen entließ der kirgisische Präsident Dscheenbekow die Regierung und verhängte den Ausnahmezustand. Die neuen Machtverhältnisse sind unübersichtlich.

Machtverhältnisse können sich über Nacht ändern. Am 4. Oktober fanden in Kirgisien Parlamentswahlen statt, doch kaum waren die Wahllokale geschlossen, regte sich Protest gegen Manipulationen. In der Hauptstadt Bischkek gingen zunächst friedliche Kundgebungen am folgenden Tag nach einer heftigen Intervention von Polizeieinheiten mit Blendgranaten und Tränengas in Krawalle über. Es gab einen Toten und fast 700 Verletzte. Die aufgebrachte Menge stürmte schließlich das Weiße Haus in Bischkek, in dem sich das Parlament und die Präsidialverwaltung befinden. Als Nächstes zog sie zum Untersuchungsgefängnis des Geheimdienstes, des Komitees für nationale Sicherheit, und befreite den dort einsitzenden ehemaligen Präsidenten Almasbek Atambajew (im Amt von 2011 bis 2017) sowie einige weitere ehemals hochrangige Politiker. Der Wachschutz leistete keinerlei Widerstand, einige Sicherheitsleute schlugen sich sogar auf die Seite der Protestierenden.  Читать далее

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Stalinforscher im Straflager

Eigentlich erforscht Jurij Dmitrijew die repressiven Seiten sowjetischer Herrschaft. Längst aber ist er selbst zu einem Objekt der postsowjetischen russischen Strafmaschinerie geworden. Vergangene Woche hob das Oberste Gericht der Region ­Karelien ein vergleichsweise mildes Urteil der unteren Instanz gegen ihn auf und verurteilte ihn zu 13 Jahren Straflager. Читать далее

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Die Proteste gehen weiter

Der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko hat sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit als Präsident vereidigen lassen. Dagegen protestierten am Sonntag Zehntausende.

Nichts deutete am Mittwoch voriger Woche in Belarus auf ein außerordentliches Staatsereignis hin. Am Vorabend hatten ausgewählte Personen die Aufforderung erhalten, sich zu einem offiziellen Treffen einzufinden; Details wurden nicht genannt. Die Überraschung war perfekt, als sich herausstellte, dass Alexander Lukaschenko die Einführung in seine sechste Amtszeit als Präsident als geheime Sonderoperation vor 750 geladenen Gästen inszeniert hatte, während der Rest der Bevölkerung erst im Nachhinein davon Kenntnis erhielt. Nicht einmal eine Fernsehübertragung gab es. In Belarus bleiben einem gewählten Präsidenten zwei Monate Zeit, um den Amtseid zu leisten. Die Präsidentschaftswahl hatte am 9. August stattgefunden.
Lukaschenko hätte also noch Zeit gehabt, eine öffentliche Veranstaltung vorzubereiten, aber er hatte es offenbar eilig. Читать далее

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Großmacht auf dem Rückzug

Gerade mal zwei Monate sind vergangen seit der letzten militärischen Auseinandersetzung zwischen Aserbaidschan und Armenien. Damals blieb es bei einem kurzen Intermezzo. Nun aber befürchten viele Beobachter in Russland, der Konflikt um die vorwiegend von Armeniern besiedelte Region Bergkarabach könnte eskalieren. Schlimmstenfalls könnten sich die Auswirkungen sogar im russischen Nordkaukasus bemerkbar machen.

In anderen russischen Regionen zeigen sich fast immer unmittelbare Folgen von Kampfhandlungen zwischen armenischen und aserbaidschanischen Truppen. Читать далее

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