Mit Manipulationen konnte der russische Präsident Putin seiner Partei einen hohen Wahlsieg verschaffen, doch ein glänzender Erfolg ist das Ergebnis nicht.
Wladimir Putin hat gewonnen. Der Sieg vom 2. Dezember, an dem offiziell über die Zusammensetzung der fünften Staatsduma, tatsächlich aber vor allem über Putins Verbleib an der Staatsspitze abgestimmt wurde, bildet den vorläufigen Höhepunkt in seiner Karriere. Putins Hauspartei »Einiges Russland« ist mit 64 Prozent der Stimmen ihren Konkurrenten haushoch überlegen. Die Kommunistische Partei (KPRF) hat es nicht einmal auf zwölf Prozent gebracht, Wladimir Schirinowskis rechtspopulistische Liberaldemokraten gerade mal auf acht, und das »Gerechte Russland« darf sich glücklich schätzen, sich mit sieben Prozent gerade noch einige der begehrten Dumasessel gesichert zu haben.
Viel wird sich durch das Wahlergebnis nicht ändern. Das »Einige Russland« hat nunmehr eine ausreichende Mehrheit für Verfassungsänderungen. Doch schon die vorige Duma war ein Ort, an dem das Abnicken von Gesetzesvorhaben die Hauptaufgabe darstellte. Abgeordnete, die sich die Mühe gemacht hatten, zumindest die zur Abstimmung stehenden Gesetzestexte zu lesen, waren in der Minderheit.
Ein glänzender Erfolg ist das Wahlergebnis nicht, es steht in keinem Verhältnis zur Inszenierung der Macht Wladimir Putins. Die Wahlbeteiligung von 63 Prozent war schließlich weniger dem öden Wahlkampf zu verdanken als der Vorgabe an die Staatsdiener, die veranschlagte Anzahl von Stimmen zu liefern. Sie gaben alles, was in ihrer Macht und Phantasie lag, um vor allem den jüngeren Wählern zu zeigen, wo es lang geht.
Zu Manipulationen kam es schon vor der Dumawahl. Der Wahltag selber bot also kaum noch Überraschungen. Als besonders populär und effektiv erwies sich dieses Mal die Stimmabgabe in einem Wahllokal außerhalb des eigenen Wohnorts. Wer zu verstehen gab, seine Stimme der richtigen Partei schenken zu wollen, wurde ohne entsprechende Unterlagen mit offenen Armen empfangen. Auch gegen bescheidene Summen ließen sich Stimmen verkaufen. In Tschetschenien füllten die Wahlleiter lieber gleich selber die Stimmzettel aus, was Putin in der Republik 99 Prozent der Stimmen einbrachte.
Die KPRF will die Wahlergebnisse anfechten, die OSZE stufte die Wahl als »nicht fair« ein. Die US-Regierung forderte Russland auf, allen Verstößen gegen das Wahlgesetz nachzugehen. Russlands außenpolitischen Kurs wird diese Kritik jedoch kaum beeinflussen, und die ausländischen Kritiker werden sich mit Putin abfinden, zumal bislang keine Alternative in Sicht ist. Eine solche Alternative fehlt auch den russischen Wählern, und für die formalen Wahlergebnisse macht es keinen Unterschied, ob die breite Zustimmung für Putins Kurs auf echter Überzeugung, der Einsicht in das Unvermeidliche oder Druck von oben basiert.
Im innergesellschaftlichen Gefüge könnten sich auf Dauer allerdings spürbare Folgen bemerkbar machen. Unabhängige russische Wahlbeobachter von der Vereinigung Golos (Die Stimme) wiesen darauf hin, dass nie zuvor so viele Einzelpersonen Verstöße am Wahltag gemeldet hätten. Zwar werden Regionen wie Baschkirien längst als Hort autoritärer Herrschaft abgeschrieben, doch die weitaus liberaler gestimmte Öffentlichkeit beispielsweise in St. Petersburg will sich nicht so einfach damit abfinden, am Arbeitsplatz mit dumpfer Wahlagitation und unverhohlener Gängelei konfrontiert zu werden.
Ute Weinmann