Über acht Monate dauerte der Prozess gegen sieben junge Antifaschisten und Anarchisten in der russischen Stadt Pensa; am Montag war die Urteilsverkündung. Wegen «Organisation einer und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung» verhängte das zuständige Militärgericht Haftstrafen zwischen sechs und achtzehn Jahren – und folgte damit der Anklage. Die Verteidigung hatte auf unschuldig plädiert. Gegen Einzelne war zudem Anklage wegen Drogenhandels und illegalen Waffenbesitzes erhoben worden. Zwei der Verurteilten gaben zu, mit Drogen gedealt zu haben.
Laut dem Inlandsgeheimdienst FSB soll das angebliche «Netzwerk» Anschläge geplant haben, um einen Umsturz herbeizuführen. Aus der jeglicher Rechtsstaatlichkeit spottenden Beweisführung ergibt sich nichts, das solch schwerwiegende Vorwürfe rechtfertigen könnte, zumal es in dem Fall keine Betroffenen, keine Tatorte und viele ungeklärte Umstände gibt. Im Wesentlichen stützt sich die Anklage auf fragwürdige Zeugenaussagen. Vor Gericht wiesen mehrere Befragte darauf hin, dass sie unter Druck gesetzt worden seien. Ein in Pensa stadtbekannter Neonazi behauptete etwa, der Antifaschist Ilja Schakurski, der zu sechzehn Jahren Haft verurteilt wurde, habe versucht, ihn anzuwerben. Einige Beweismittel, etwa die laut eines Gutachtens nachträglich erstellte Datei mit dem angeblichen Statut der Gruppe, wurden offenbar gefälscht.
Gleichzeitig weigert sich der Justizapparat beharrlich, Foltervorwürfen gegen den FSB nachzugehen, die einige der jungen Antifaschisten in Pensa und St. Petersburg erhoben hatten. Dort stehen derzeit zwei weitere angebliche Angehörige einer «Terrorzelle» des vermeintlichen «Netzwerks» vor Gericht. Das Urteil von Pensa will die Verteidigung anfechten.
ute weinmann