Putins kritischer Dialog

Auf dem Nato-Gipfel plädierte Wladimir Putin für Kooperation mit dem Bündnis und kritisierte gleichzeitig dessen »expansionistische« Politik.

Der Nato-Gipfel in Bukarest war der vorerst letzte des scheidenden russischen Präsidenten Wladimir Putin. Seit geraumer Zeit zeichnen sich mehre­re grundsätzliche Differenzen zwischen der Nato und der russischen Führung ab, die trotz des Interesses an einer partnerschaftlichen Koopera­tion in naher Zukunft kaum überbrückt werden können. Die größte Brisanz besitzen derzeit die angekündigten Pläne einer Ost-Erweiterung der Allianz. Grundsätzlich hatte die Nato die Befürwortung einer Mitgliedschaft Georgiens und der Ukraine bekräftigt deren Aufnahme wurde jedoch aufgrund der Intervention Deutschlands und Frankreichs vorerst verwehrt. Dieser Entschei­dung ging Putins Rede voraus, in der er Maßnahmen ankündigte, sollten Russlands Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Ausweiterung des Militärbündnisses ignoriert werden. Durch die Anerkennung Abchasiens und Nordossetiens ließe sich eine Pufferzone in Richtung Georgien schaffen und selbst eine mögliche Abspaltung der tendenziell pro-russischen Regionen im Ostteil der Ukraine und der Krim, deutete der Prä­sident im Falle eines Nato-Beitritts des westlichen Nachbarn an.

Die russischen Medien griffen Putins Gedankengang bereitwillig auf. Sie diene als weiteres Argument für die These, eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sei unwahrscheinlich. Einer Umfrage zufolge befürworten nur 21 Prozent der Ukrainer den Beitritt. Schon seit geraumer Zeit genießt das Land einen Sonderstatus in der Allianz und nimmt an allen ihrer militärischen Operationen teil, ohne selbst Mitglied zu sein.

Russlands eigentlicher Trumpf liegt vor allem in seiner geografischen Lage. Kommentatoren sahen in der Zuspitzung der Ost-Erweiterungsfrage vor allem das Bestreben der Nato, Moskau unverzüglich zu einer Zustimmung für den Transport nicht­militärischer Güter für die Nato-Truppen in Afghanistan zu nötigen. Für Russland kommt dieser Deal nicht ungelegen, schließlich erhöht er die Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der militärischen Präsenz von Nato- und US-Truppen in Mittelasien.

Auf Dauer allerdings wird es Russland zunehmend schwerer fallen, seinen Einfluss auf die Politik der Nato so stark geltend zu machen wie in Bukarest. Gleichzeitig bleibt auch in Zukunft die Vorstellung von Nato-Truppen an der Grenze zur Ukraine aus russischer Perspektive völlig inakzeptabel. Der Verlust an politischer Stärke und Glaubwürdigkeit im Inneren wiegt dabei min­destens genauso schwer wie sicherheitspolitische Erwägungen.

http://jungle-world.com/artikel/2008/15/21536.html

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