Um die Medien ist es in Russland generell schlecht bestellt, linke Medien haben noch dazu Seltenheitswert. Einstige sowjetische Print-Giganten wie Prawda, die Zeitung der kommunistischen Partei, und Trud erscheinen zwar heute noch mit verhältnismäßig hohen Auflagen, genügen aber nicht einmal im Ansatz emanzipatorischen Ansprüchen. Doch dank ihrer Ressourcen und der Stammleserschaft sind sie recht krisenfest. Eine richtige linke Wochen- oder Tageszeitung sucht man vergebens. Im Internet gibt es zwar verschiedene Projekte, allerdings nicht auf kommerzieller, sondern ehrenamtlicher Basis, bestenfalls mit einer bescheidenen Finanzierung aus der Tasche einzelner Politiker oder durch Subventionen aus dem westlichen Ausland.
Printmedien haben dennoch längst nicht ausgedient. Die Zeitung Sozialist der »Russischen sozialistischen Bewegung« erscheint zwar unregelmäßig, dafür aber bereits seit mehreren Jahren. Vor allem in der Provinz besteht eine große Nachfrage nach Gedrucktem, da der Internetzugang dort nicht immer und überall gegeben ist. Aufgrund der unverhältnismäßig hohen Portokosten kommt eine Verschickung mit der Post allerdings nicht in Frage. Preissteigerungen bei den Druckkosten machten sich bei der durch die Mitglieder der Bewegung finanzierten Zeitung erst Monate nach Krisenbeginn bemerkbar, trotzdem wirkte sich die Krise nicht negativ auf die Produktion und den Absatz aus. Im Gegenteil, das Interesse an kritischen Beiträgen und Analysen nahm eher zu. Mit Beginn der Proteste Ende 2011 bot sich auch für kleinere linke sogenannte Samisdat-Projekte, also selbstproduzierte Zeitungen, ein breiteres Publikum. Durch den Verkauf und die Verteilung gegen Spende auf Massenkundgebungen konnte die seit 1989 erscheinende Zeitung Volja im vergangenen Jahr bei einer Auflage von Tausend Stück gleich neun Ausgaben finanzieren, statt wie üblich maximal zwei bis drei.
Ute Weinmann