Neuer Antifaschismus für Neurussland

Die italienische Musikgruppe Banda Bassotti veranstaltete eine Solidaritätstour in der Ostukraine

Die Punkrocker spielten ihre Lieder, sammelten Geld und verteilten Hilfsgüter. Ihre uneingeschränkte Unterstützung der »Volksrepubliken« im Donbass fand jedoch geteiltes Echo.

 

Moskau. Mit revolutionärem Pathos gegen die herrschenden Zustände anspielen – das ist seit bald 30 Jahren das Metier der aus Rom stammenden Ska-Punk-Band Banda Bassotti. Mit Liedern der Arbeiterbewegung stellt sie historische Bezüge her, die Musiker posieren aber auch gerne auf der Bühne, während die sowjetische Hymne aus den Lautsprechern schallt. Ihre Popularität nutzten sie immer wieder zugunsten internationaler Solidaritätskampagnen, sei es für Nicaragua, El Salvador oder Palästina.

Ob die Band indes immer so genau weiß, für wen sie sich einsetzt, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls wagte sie sich jetzt auf neues, unbekanntes Terrain. In einer Erklärung der Banda Bassotti heißt es: »Vom 26. bis 30. September werden wir auf jener Erde sein, die sich den Angriffen der Faschisten entgegenstellt: Wir besuchen Noworossija.«

Die Band initiierte eine »Antifaschistische Karawane«, die sie durch Russland und die Ostukraine führen sollte. Dort hielten sie Solidaritätskonzerte ab, sammelten so Geld für den Donbass, verteilten aber auch humanitäre Hilfsgüter. Ziel der Aktion sei es, die Zivilbevölkerung zu unterstützen, unter der es zahlreiche Tote gebe und deren Lebensbedingungen sich zusehends verschlechterten. Darüber will Banda Bassotti auch aufklären, denn: »In ganz Europa dringen keine Nahrichten darüber durch, was die nazistische Regierung in Kiew im Donbass und in der gesamten Ukraine anrichtet.«

Am Donnerstag fand in einem Klub im Osten Moskaus der Tourauftakt statt, einschließlich Donezker Fahnen und entsprechenden Sympathiebekundungen. Von den Eintrittsgeldern wird für internationale Solidarität jedoch nicht viel übrig bleiben. Im Gegensatz zum ersten Auftritt der italienischen Kultband in der russischen Hauptstadt vor zwei Jahren lag die Besucherzahl dieses Mal weit unter den Erwartungen. Die vormals von Banda Bassotti angetane Moskauer Punk-Hardcore-Szene zeigte sich schwer enttäuscht von den neuen politischen Präferenzen der Band, mobilisierte nicht und hielt sich größtenteils auch der Veranstaltung fern.

Es gingen jedoch auch zwei Spendenbüchsen durch den Saal. Das Geld aus der einen sollen die Eltern von Anton Fatulajew bekommen. Der 23-jährige Moskauer war als freiwilliger Kämpfer in den Donbass gezogen und kam dort vor wenigen Wochen ums Leben. Er gehörte zu jenen Antifaschisten, für die russischer Patriotismus zum festen Bestandteil der Identität zählt, was in der Moskauer antiautoritären antifaschistischen Szene größtenteils auf Ablehnung stößt. Russische und ukrainische Antifaschisten kämpfen überdies sowohl auf der Kiewer Seite als auch für »Noworossija« (Neurussland), ebenso wie auf beiden Seiten Nationalisten und Neonazis aus ganz Europa zu finden sind.

Der Antifaschist Aleksej Gaskarow, für dessen Unterstützung sich auf dem Konzert kaum Bereitschaft fand, sitzt indes in Russland eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren für seine politische Gesinnung ab. Damit ist er nicht der einzige Linke, aber er passt einfach nicht in das neue Verständnis von internationaler antifaschistischer Solidarität, dem irrtümlicherweise die Interpretation des Geschehens im Donbass als eine Art Neuauflage des Spanischen Bürgerkriegs zugrunde liegt. So jedenfalls lautet die Botschaft der Banda Bassotti. Am Sonntagabend sollte ihr letztes Konzert in der Ostukraine stattfinden.

Ute Weinmann

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