Einzelhaft und Hungerstreik im Fall Pensa

Strafverlegungen in den Karzer sind im russischen Justizvollzug Alltag. Ilja Schakurskij sah sich am vergangenen Montag erstmals mit dieser harten Disziplinarmaßnahme konfrontiert. Der Antifaschist, der sich seit Oktober 2017 in der Stadt Pensa wegen des Verdachts einen bewaffneten Aufstand während der Fußball-Weltmeisterschaft herbeizuführen in Untersuchungshaft befindet, soll während des täglichen einstündigen Hofgangs Unterhaltungen geführt haben. Ein Vergehen, das in seinem Fall siebentägige Sonderhaftbedingungen zur Folge hat.

Konkret bedeutet dies, dass die Häftlinge in dieser Zeit von der Außenwelt fast abgeschnitten sind. Sie dürfen nicht fernsehen, weder Post noch Pakete empfangen und sind somit allein auf die karge Gefängnisration angewiesen. Außerdem gelten Besuchsverbote, mit Ausnahme des Verteidigers und Angehörigen einer theoretisch unabhängigen — in der Praxis jedoch nicht immer — Kontrollkommission. Schakurskij stritt die Vorwürfe gegen ihn ab und trat am Wochenanfang in den Hungerstreik.

Seine Mutter Elena Bogatowa erhielt die Nachricht über Schakurskijs Anwalt Anatolij Wachterow. Sie setzt sich so gut es geht für ihren Sohn ein. Im Mai reichte sie Beschwerde gegen Michail Grigorjan bei der Gebietsanwaltskammer ein, der die ersten sechs Monate als Schakurskijs Verteidiger fungierte. Allerdings handelte er weniger im Interesse seines Mandanten, als in eigener Sache. Wie einige andere der insgesamt neun sich wegen Mitgliedschaft in einem angeblichen Terrornetzwerk in Untersuchungshaft befindenden Antifaschisten war Schakurskij mit Elektroschocks gefoltert worden. Grigorjan hielt es jedoch nicht für nötig, die Angehörigen zu informieren und gab überdies dem Fernsehsender NTV ein Interview. Darin behauptete er, der Inlandsgeheimdienst FSB habe ausreichend Beweismaterial gegen die beschuldigten jungen Männer in der Hand und obendrein seien diese durch »westliche Geheimdienste« gesteuert worden. Zu dem Zeitpunkt hatten die Angehörigen den Vertrag mit Grigorjan, der gerne im T-Shirt mit dem Label der britischen Heavy Metall Band Motörhead posiert, bereits aufgelöst. Die Anwaltskammer erteilte ihm wegen des Interviews eine symbolische Abmahnung. Für die Foltervorwürfe interessierte sie sich nicht.

Gleiches gilt auch für die Justiz in St. Petersburg. Dort hatte Wiktor Filinkow, der laut FSB einer lokalen Zelle des sogenannten »Netzwerks« angehören soll, auf rechtlichem Wege versucht Ermittlungen wegen Foltermethoden zu erwirken, denen er nach seiner Festnahme ausgesetzt war. Anders als in Pensa konnten die sichtbaren Anzeichen davon an seinem Körper rechtzeitig dokumentiert werden. Vor wenigen Tagen wies das zuständige Militärgericht seine Beschwerde bereits in zweiter Instanz zurück. Fast zeitgleich wurde die U-Haft von Filinkow, Schakurskij und weiteren Verdächtigen bis Herbst verlängert.

ute weinmann

nd

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