Linker Protest gegen Lukaschenko

Pavel Katarzheuski von der Partei »Gerechte Welt« wieder frei

»Ich hatte mehr Glück als andere.« Pavel Katarzheuskis nüchterne Art, dem »nd« am Telefon zu beschreiben, was mit ihm in den Tagen nach der Präsidentschaftswahl in Minsk geschah, lässt keine Zweifel daran, dass er recht hat. Er gehört dem Zentralkomitee der linken Partei »Gerechte Welt« an, die aus der belarussischen kommunistischen Partei hervorgegangen war und 2009 ihren Namen geändert hatte, um etwaige Verwechslungen zu vermeiden. Denn bereits Mitte der 1990er Jahre kam es zur Spaltung und in der Konsequenz zur Gründung der Kommunistischen Partei Belarus KPB. Im Gegensatz zur staatsnahen KPB positionierte sich die »Gerechte Welt« frühzeitig als alternative Kraft, die sich mit Kritik am Führungsstil von Alexander Lukaschenko nicht zurückhält.

Für Katarzheuski ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sich die Linke an den aktuellen Protesten beteiligt. Auch 2017, als viele Menschen gegen die Erhebung einer Sondersteuer für nicht offiziell Beschäftigte auf die Straße gingen, war er dabei. Als einer der wenigen Linken in Belarus spricht er sich auch jetzt vehement gegen eine reine Beobachterrolle aus. Im marxistischen und kommunistischen Spektrum halten sich viele auf Distanz, was sie damit begründen, dass sich die Ereignisse nach ukrainischem Vorbild entwickeln würden und unweigerlich eine Abrechnung mit dem Kommunismus bevorstünde. Katarzheuski hingegen sieht keinen Anlass dafür, dass es schlimmer kommen könnte, als es jetzt schon ist. »Sollte es kurzzeitig eine Demokratisierung geben, bieten sich für die Linke weitreichende Handlungsoptionen«, ist er sich sicher.

Am Abend des 10. August begab er sich gemeinsam mit drei seiner Genossen auf den Weg in die Minsker Innenstadt. Weil der Internetzugang auch per Proxy blockiert war, verpassten die Vier Ankündigungen über die Konzentration von Sicherheitskräften an ihrem Zielort und behielten ihren Kurs Richtung Siegespark bei. Polizisten kontrollierten zunächst ihre Ausweise und blieben freundlich, bis ein Kleinbus mit Uniformierten in voller Montur die Aktivisten abholte. Die Polizisten schlugen zu und bedauerten, die »Faschisten« nicht erschießen zu dürfen. Im Untersuchungsgefängnis in Schodino unweit der Hauptstadt sei der Umgang weniger aggressiv gewesen, sagt Katarzheuski. 24 Männer in einer Zelle für acht Personen, aber keine Misshandlungen mehr, dafür völlige Informationsblockade. Eine Richterin verurteilte Katarzheuski in einem Schnellverfahren zu fünf Tagen Haft. Nach seiner Entlassung am Freitag schloss er sich umgehend wieder den Protestierenden an.

ute weinmann

nd

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