Von der Oktoberrevolution will die russische Regierung auch im Jubiläumsjahr nichts wissen. Die russische Gedenkpolitik soll stattdessen eine staatliche Leitkultur konservativ-patriotischer Prägung durchsetzen.
Altlasten können auch nach 100 Jahren noch Kopfzerbrechen bereiten, insbesondere wenn sie nicht materieller Natur sind. Doch im Jubiläumsjahr lässt sich ein weltbewegendes historisches Ereignis wie die Oktoberrevolution auch in Russland nicht ganz ignorieren. Tatsächlich finden zuhauf Veranstaltungen statt, die sich mit dem Ablauf und den Auswirkungen der »großen russischen Revolution« auseinandersetzen und die auf eine große Resonanz treffen. Zugleich fällt die Zurückhaltung der politischen Führung in den vergangenen Monaten auf, die die von Staats wegen zulässige Interpretation anderen überlässt, statt sich richtungsweisend zu äußern. Das beflügelt die Neugier, denn wo sich alle Macht im Kreml konzentriert, der in praktisch allen wichtigen Fragen klare Vorgaben formuliert, scheint es nicht unwesentlich, welche Sichtweise Wladimir Putin vertritt. Schließlich wird ihm gern eine positive Bezugnahme auf das Erbe der Bolschewiki nachgesagt.