Последний день осени

В ожидании революции

Стоял последний день осени — не той ноябрьской тяжёлой одури, когда небо уже набухло снегопадом, нет, это был лёгкий последний день, когда в Москве ещё можно пить чай в уличном кафе, не опасаясь нажить простуду, но при этом желательно уже кутаться в шейный платок и нитяные перчатки. Жёлтые и красные листья тянулись по тротуару, влекомые чуть зябким ветерком. Над Третьим Римом разгорался закат, дело было недалеко от центра, в одном из тихих районов, где живут уже преимущественно богатые люди. Такой процесс постепенной замены жителей по-западному зовут, кажется, джентрификацией. Читать далее

Рубрика: Russisch, по-русски | Комментарии к записи Последний день осени отключены

Missverständnis Ukraine

Für den Kreml geht es beim Machtwechsel im Bruderstaat um mehr als um die Neuwahl einer politischen Figur.

Als die Ukraine im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion im Jahre 1991 ihre Unabhängigkeit erklärte, hatte Moskau dem wenig entgegenzusetzen. Der erste Präsident der unabhängigen Ukraine, Leonid Krawtschuk, orientierte sich an einer durchaus eigenständigen und nationalistischen Linie, agierte jedoch mit der gewohnten Trägheit eines Apparatschiks alter Schule. Der 1996 gewählte Leonid Kutschma erschien allerdings sogar vor diesem Hintergrund als geradezu russophil. Er setzte vor seiner Wiederwahl im Jahr 2000 sogar auf die Wirksamkeit prorussischer Wahlversprechen, wie beispielsweise die Einführung des Russischen als zweite Amtssprache. Die Umsetzung dessen blieb er jedoch bis zum heutigen Tage schuldig. Читать далее

Рубрика: Ukraine, Wahlen | Метки: , | Комментарии к записи Missverständnis Ukraine отключены

«Die Revolution wurde verhindert»

Massenproteste in der Ukraine, und was macht die radikale Linke? Ein Interview mit sergej lukaschow von der anarchistischen Initiative »zaraz.org« aus Kiew.

Wie beurteilt ein politisch aktiver Linker das derzeitige Geschehen in der Ukraine?

An sich liegt das auf der Hand. Das Machtsystem in der Ukraine richtet sich in seiner Gesamtheit gegen die Mehrheit der Bevölkerung. Faktisch haben wir es mit einer Erbfolge des sowjetischen Systems zu tun, allerdings mit einigen unwesentlichen Veränderungen. Kutschma und Janukowitsch fügten dem autoritären Bürokratismus noch eine totale Formen annehmende Korruption hinzu als wichtigsten Mechanismus zur Entscheidungsfindung, und eine Art feudales Clanwesen als Struktur der wechselseitigen Beziehungen von Politik und Wirtschaft. Sein Gegner Juschtschenko gilt als Wirtschaftsliberaler, Anhänger der Einhaltung von Menschenrechten und einer Orientierung auf Westeuropa in der Außenpolitik. Demnach sollte man meinen, er hätte diesem System etwas entgegenzusetzen. Er hätte den entscheidenden Moment nutzen sollen, um das System als solches zu demontieren. Die Macht darf nicht erobert, sondern sie muss in Stücke zerlegt werden. Aber unter den so genannten Anführern der Oppositionsbewegung befindet sich nicht eine einzige strategisch denkende Person.

Auch nicht die Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko?

Was ist denn ihre Strategie? Wo ist ihr Programm? Auch sie hat keines. Halbwegs vernünftig wirken für mich der Sozialist Alexander Moroz und sein jüngerer Mitstreiter Lutzenko. Aber Timoschenko verhält sich völlig verantwortungslos. Am Dienstag nach den Wahlen, als alles noch unklar war, also im risikoreichsten Augenblick, rief sie von der Tribüne herab, dass wir die Präsidialadministration stürmen sollen, um den neu gewählten Präsidenten Juschtschenko dort einzuführen. Viele Leute, darunter auch Kinder, sind da hingerannt. Ich war auch dabei und habe mich angesichts der Polizeipräsenz richtiggehend als Kanonenfutter gefühlt. Timoschenko kam dann übrigens erst später hinzu …


Ihre Kritik an Juschtschenko bezieht sich also nicht unbedingt darauf, dass er nicht radikaler vorgegangen ist?

Die Situation an den ersten beiden Tagen nach der Wahl sah doch so aus, dass die Zentralmacht keinerlei Verhandlungen mit der Opposition führte. Unterstützung erhielt diese nur von der Straße und einer Reihe lokaler Räte (gewählte Volksvertretungen, die aber im Unterschied zu den ernannten Verwaltungsorganen kaum über reale Einflussmöglichkeiten verfügen, d. Red.). Wäre Juschtschenko wirklich an einer Demokratisierung der Gesellschaft gelegen, hätte er diesen Moment nutzen müssen, um zu sagen: Die zentralen Machtorgane im Land erkennen mich nicht an, also schaffen wir sie ab, da sie selbst nicht vom Volk legitimiert sind.

Kutschma und Janukowitsch wurde das Vertrauen entzogen, und das Parlament, die Rada, hat sich quasi selbst abgeschafft mit seiner Weigerung, die Leute auf der Straße ernst zu nehmen. Deshalb ist es keine Volksvertretung mehr. Juschtschenko hätte sich direkt an die gewählten Räte auf lokaler Ebene wenden müssen mit dem Aufruf, einerseits ihn als Präsidenten anzuerkennen, andererseits mit der Zusage, diese gewählten Räte gegenüber den von oben ernannten Gebiets- und Stadtteilverwaltungen zu unterstützen. Die bislang kaum mit Vollmachten ausgestatteten lokalen gewählten Volksvertretungen sind die am wenigsten korrumpierte und verdorbene Struktur im Land. Für uns wäre das ideal gewesen, ein riesiger Schritt auf dem Weg zur lokalen Selbstverwaltung.

Hätte Juschtschenko so etwas verkündet, hätte der Osten des Landes da denn mitgemacht? Juschtschenko will schließlich Präsident der gesamten Ukraine werden, nicht nur des Westteils.

Ich denke, der Osten hätte mitgemacht. Auch dort gibt es den Wunsch nach tief greifenden Reformen. Es braucht ein Recht auf Rückruf von Abgeordneten, sowohl auf lokaler als auch auf landesweiter Ebene, die lokalen Räte müssen ihre Funktion als Exekutive zurück erhalten und die Ämter der ernannten Verwaltungsoberhäupter müssen abgeschafft werden. Auch Gerichte müssen wählbar, die Miliz, Sozialämter u.a. rechenschaftspflichtig sein. Steuern müssen zu einem wesentlichen Teil in der Verwaltung der lokalen Vertretungen bleiben, anstatt nach Kiew überwiesen zu werden, außerdem sollten Steuern gezielt für bestimmte Bereiche gezahlt werden, also etwa für Bildung und Kultur. Der Osten hätte allein schon bei einer Forderung nach gerechter Steuerverteilung mitgemacht. Der Löwenanteil davon geht doch nach Kiew, und der Osten hat das administrative Machtsystem selbst über alle Maßen satt. Im Donbass liegt das Lebensniveau unter dem Durchschnitt.

Wie würden Sie die Bewegung gegen Janukowitsch beschreiben?

Die Bewegung ist im Wesentlichen parteilos. Bestenfalls gibt es so eine Art Kern aus einigen stabilen Politgruppen wie »Pora« (Es wird Zeit), aber am Anfang gingen die Leute unorganisiert mit Arbeitskollegen oder Nachbarn auf die Straße. Erst am dritten oder vierten Tag erklärten sich Parteien, Gewerkschaften und einige lokale Verwaltungen solidarisch mit der Opposition, sie machen aber bis heute den kleinsten Teil aus. Disziplin und Selbstorganisation bildeten sich erst im Laufe des Protests heraus. Der Stab von Juschtschenko pocht auf seine Rolle als Koordinator oder Organisator, aber das klappt nicht besonders gut, so dass viele Leute diesen Versuch nicht wirklich ernst nehmen. Inzwischen gibt der Stab übrigens eine Art Ausweis für Teilnehmer der Opposition aus! Aber die Organisation der Zeltlager z.B. liegt zu einem guten Teil in den Händen von Pfadfindern. Gruppen von Journalisten verbreiten auf der Straße Informationen, und es heißt, der Wachschutz der Zeltstädte bestünde unter anderem aus Leuten der extrem nationalistischen UNSO (Ukrainische Nationale Selbstverteidigung). Aber an der Blockade der Präsidialadministration sind nur unorganisierte Leute beteiligt. Natürlich gibt es in der Menge auch Nationalisten und bezahlte Animateure, aber die machen meiner Ansicht nach nur einen sehr geringen Teil aus.

Wie sieht Ihre Prognose für die weitere Entwicklung der Proteste aus?

An sich hat sich der Protest auf der Straße überlebt, die Oppositionsführung will nun auf gesetzlichem Weg weitergehen. Aber die Gesetze stammen aus dem alten System, wir sind also wieder an unserem Ausgangspunkt angelangt. Eine echte Revolution, also eine Demontage des herrschenden Systems, wurde mit aller Kraft von beiden Seiten verhindert. Die unorganisierten Massen hätten mehr Zeit gebraucht, um in Gang zu kommen. Die Bewegung wird noch ein paar Wochen vor sich hin köcheln, insgesamt aber mussten wir eine Niederlage einstecken.

Aber vielleicht ist es doch noch nicht zu spät. Solange die Leute auf die Straße gehen, müssen wir versuchen, mit ihnen Gespräche zu führen und die richtigen Fragen zu stellen, im Wissen, dass sich das Bewusstsein nicht immer schnell genug auf Veränderungen einstellen kann. Wir haben uns mit unserer Gruppe Mühe gegeben und werden es auch weiterhin tun.

interview: vlad tupikin und ute weinmann

Jungle World

Рубрика: Interview, Protest, Ukraine | Метки: , , | Комментарии к записи «Die Revolution wurde verhindert» отключены

Der Schweißer von Minsk

Mit Wahlmanipulationen hat Präsident Lukaschenko die Macht seiner Anhänger im Parlament gesichert und sich selbst eine dritte Amtszeit ermöglicht.

Wer Politik lediglich als Entertainment betrachtet, müsste mit Alexander Grigorjewitsch Lukaschenko zufrieden sein. Der langjährige Präsident der ehemaligen sozialistischen Vorzeigerepublik Belarus hat ein Repertoire an originellen Aussprüchen, um das ihn mancher professionelle Komiker beneiden dürfte. Читать далее

Рубрика: Belarus | Метки: | Комментарии к записи Der Schweißer von Minsk отключены

БЕСЛАН КАК КАТАЛИЗАТОР ПОЛЗУЧЕГО ПЕРЕВОРОТА В РОССИИ

О Беслане осенью 2004 года слышали очень многие люди в России, в Восточной Европе и во всём мире. Но информация официальными российскими каналами подавалась так, что, возможно, не для всех очевидно, что события в Беслане были связаны с войной, которая вот уже почти 10 лет идёт в Чечне. Для нас же эта связь очевидна. Читать далее

Рубрика: Kaukasus, Russisch, по-русски | Метки: , , | Комментарии к записи БЕСЛАН КАК КАТАЛИЗАТОР ПОЛЗУЧЕГО ПЕРЕВОРОТА В РОССИИ отключены

Kaukasische Wirren

Der tschetschenische Widerstand hat sich differenziert und radikalisiert. Verlässliche Informationen aber sind kaum zu bekommen.

Die russische Führung ist sicher: Die Verantwortung für die jüngste Serie von Terroranschlägen, darunter die Geiselnahme in Beslan, bei denen insgesamt über 430 Menschen starben, tragen Russlands bekanntester Warlord, Schamil Bassajew, sowie der 1997 zum Präsidenten der Republik Tschetschenien gewählte Aslan Maschadow. Während der Letztgenannte diesen Verdacht empört zurückweist, bekannte sich Bassajew in einer ausführlichen, im Internet veröffentlichten Stellungnahme zu den Aktionen. Keine andere Gruppierung habe damit zu tun, heißt es darin. Zudem machte Bassajew Angaben zu den Kosten der Terroraktionen, die sich auf etwa 20 000 Dollar belaufen haben sollen. Die Technik stamme weitgehend aus Beutezügen, mangels größerer finanzieller Mittel sei die Wahl auf das nahe der inguschetisch-ossetischen Grenze gelegene Beslan gefallen. Aus dem Ausland hätten die Separatisten in diesem Jahr nur etwa 16 000 Dollar erhalten. Читать далее

Рубрика: Kaukasus | Метки: | Комментарии к записи Kaukasische Wirren отключены

Alle Macht dem Kreml

Der russische Präsident nutzt die Geiselnahme von Beslan zu einer autoritären Neuordnung des Landes.

Der Kreml und die russischen Sicherheitskräfte haben ihn von Anfang an für die Geiselnahme in Beslan verantwortlich gemacht. Am vergangenen Wochenende veröffentlichte eine tschetschenische Internetseite eine Erklärung, in der sich der Terrorist Schamil Bassajew zur Geiselnahme sowie zu den Anschlägen auf zwei russische Flugzeuge und zum Bombenanschlag vor einer Mokauer Metrostation bekannte. Die Authentizität dieser Erklärung ist noch unklar, fest aber steht, dass die jüngsten Anschläge, bei denen innerhalb von zwei Wochen mehr als 430 Menschen ums Leben kamen, eine Reaktion erfordern. Читать далее

Рубрика: General, Kaukasus | Метки: , | Комментарии к записи Alle Macht dem Kreml отключены

Terror in Beslan

Nach der Geiselnahme in Nordossetien ruft Präsident Putin zur Mobilisierung der Nation auf. Die Hintergründe des Sturms auf die Schule will der Kreml geheim halten.

Von einer »schrecklichen Tragödie« sprach Präsident Wladimir Putin in seiner Rede nach dem Ende der Geiselnahme in Beslan, von der Notwendigkeit, »das Bewusstsein der Nation zu mobilisieren«, und er räumte sogar ein, dass »solche Kriege nicht schnell enden«. Mit keinem Wort aber ging Putin auf die Umstände der Erstürmung der Schule im nordossetischen Beslan ein.

Was sich während der mehrere Stunden andauernden Schießereien am Freitag der vergangenen Woche tatsächlich abgespielt hat, werden wir wohl nie erfahren. Der Kreml und die zuständigen Einsatzstäbe handeln in bester Geheimdienstmanier und die russischen Medien, allen voran die großen Fernsehsender, agieren als ausführende Organe, die jede noch so offensichtliche Lüge präsentieren. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass eine unabhängige Untersuchung geplant ist oder zugelassen wird. Читать далее

Рубрика: Kaukasus | Метки: | Комментарии к записи Terror in Beslan отключены

Peter, Lenin und die Soldaten

Vom Glanz und Elend St. Petersburgs. von franziska bruder, ute weinmann (text) und betty pabst (fotos)

Frédéric Chopins Trauermarsch klingt aus den Lautsprechern längs des Weges, der auf dem Piskarevskij-Friedhof zwischen den Gräberfeldern zu einer Gedenkanlage führt. Es ist später Nachmittag, und außer uns ist in der ausgedehnten Gedenkstätte kaum ein Mensch zu sehen. »Das war früher ganz anders«, sagt Ludmila von der Universität Petersburg, mit der wir unterwegs sind, »früher gehörte der Besuch des Friedhofes für in- und ausländische Besuchergruppen zum Pflichtprogramm.« Читать далее

Рубрика: Geschichte + Gegenwart | Метки: | Комментарии к записи Peter, Lenin und die Soldaten отключены

Bomben vor den Wahlen

Erst nach zwei Tagen räumte die russische Regierung ein, dass Terrorakte den Absturz zweier Flugzeuge verursacht haben. Denn die Anschläge widerlegen die Behauptung, die Lage in Tschetschenien nähere sich der Normalität.

Zwei Tage lang wurde die russische Bevölkerung in der Illusion bestärkt, technische Probleme könnten zu dem Absturz von zwei Passagierflugzeugen mit insgesamt 90 Insassen am Dienstag der vergangenen Woche geführt haben. Der russischen Regierung kam ein so spektakulärer Terroranschlag kurz vor den Präsidentschaftswahlen in Tschetschenien ungelegen. Doch die Version, der Absturz zweier auf dem gleichen Flughafen gestarteter Flugzeuge im Abstand von nur wenigen Minuten sei ein unglücklicher Zufall, ließ sich nicht halten.

Am Freitag gab der Geheimdienst FSB bekannt: »Während der Untersuchung der Überreste des Tu-154-Flugzeugs wurden Spuren von Sprengstoff gefunden.« Auch die Trümmer der zweiten Maschine wiesen Sprengstoffspuren auf. Dabei handelt es sich um Hexogen, das auch 1999 bei der Sprengung von Wohnhäusern in Moskau und im Süden Russlands eingesetzt wurde. Читать далее

Рубрика: Kaukasus, Wahlen | Метки: , | Комментарии к записи Bomben vor den Wahlen отключены