Die Sowjetunion hatte den Anspruch, ein egalitäres System zu schaffen. Nach ihrem Scheitern sind viele Menschen in Russland arm oder zumindest übergangsweise unterstützungsbedürftig. Für sie stehen einige zwar einige staatliche Leistungen bereit. Doch der russische Sozialstaat ist bei weitem nicht so ambitioniert wie der Kontrollstaat.
Vor bald drei Jahrzehnten verschwand die Sowjetunion von der Landkarte. Doch noch immer gibt es Menschen, die das dort errichtete sozialistische Gesellschaftsmodell als Prototyp des Sozialstaates betrachten, dem die russische Regierung bis heute treu bleibe. In den 1920er Jahren, also in der Zeit der «Neuen Ökonomischen Politik» mit ihren kapitalistischen Wirtschaftselementen, hatte der neue Staat erstmals die Zahlung von Arbeitslosengeld eingeführt. Bereits 1930 hatte sich das Thema erledigt, denn die Arbeitslosigkeit galt offiziell als besiegt. Vollbeschäftigung existierte durch Zwangsarbeit, in der Spätphase der Sowjetunion auch durch Bestrafung von Arbeitsverweigerung sowie eine Arbeitspolitik, die die Gesetze der Produktivitätssteigerung missachtete. Arbeiten wurde als eine unhintergehbare Pflicht verstanden.
Erst kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion ließ die damalige Führung Debatten über Armut zu. Читать далее