Propaganda gegen «Propaganda»

In Russland hat das Parlament einem Gesetzentwurf zugestimmt, der »homosexuelle Propaganda« unter Strafe stellt. Seitdem wird aber auch öffentlich mehr über sexuelle Orientierungen debattiert.

Zu Beginn der jetzigen Legislaturperiode kündigte die Führung der Partei »Einiges Russland«, die die größte Fraktion im russischen Parlament stellt, »ernsthafte Debatten« an. Seinerzeit hatte der jahrelang amtierende Parlamentssprecher Boris Gryslow das Motto geprägt, die Duma sei kein Ort für Diskussionen. Viel debattiert wird im russischen Parlament immer noch nicht und von Ernsthaftigkeit kann überhaupt keine Rede sein. Die Meinung fachlich kompetenter Personen ist bei russischen Abgeordneten selten gefragt, wie das jüngste Beispiel anschaulich zeigt. Читать далее

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Patriotisch gedenken

Vor 70 Jahren siegte die Rote Armee in der Schlacht von Stalingrad über die Wehrmacht. Der Sieg wird in Russland dieses Jahr besonders gefeiert, gedacht wird aber nicht allen russischen Opfern.

Am 2. Februar 1943 endete mit der Schlacht um Stalingrad eines der größten Gemetzel des Zweiten Weltkriegs. Eine halbe Million sowjetische Soldaten und Zehntausende Zivilisten verloren ihr Leben, 150 000 Wehrmachtssoldaten starben, 91 000 kamen in Kriegsgefangenschaft. Von der einst blühenden Stadt blieben nur wenige Gebäude erhalten. Der Sieg der Roten Armee über die deutschen Angreifer an den Ufern der Wolga vor 70 Jahren markierte den entscheidenden Wendepunkt im Kriegsgeschehen und leitete den ­sowjetischen Sieg über das NS-Regime ein.

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Kein Gedenken am Tatort

An einer in Russland bedeutenden antifaschistischen Demonstration haben sich dieses Jahr nur wenige Menschen beteiligt. Das liegt nicht nur daran, dass die Behörden sie erst in letzter Minute genehmigten.

Am Samstag nahmen in Moskau etwa 700 Menschen an der jährlichen Gedenkdemonstration für Stanislaw Markelow und Anastasia Baburowa teil. Der Anwalt und die Journalistin waren am 19. Januar 2009 von Neonazis ermordet worden. Die geringe Beteiligung fällt angesichts dessen, dass es im vorigen Jahr zahlreiche Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern für faire Wahlen gab, besonders ins Gewicht. Zuletzt demonstrierten am 13. Januar über 20 000 Menschen in Moskau gegen das Verbot für US-Staatsbürger, russische Waisenkinder zu adoptieren.

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Der Kalte Krieg lässt grüßen

Die russische Regierung reagiert auf Kritik aus den USA an Menschenrechtsverletzungen in Russland mit diskriminierenden Gesetzen gegen ausländische Staatsbürger.

Menschenrechte und Forderungen nach deren Einhaltung rangieren auf der Prioritätenliste von Regierungen meist auf den untersten Plätzen. Umso größerer Beliebtheit erfreuen sie sich in der zwischenstaatlichen Kommunikation, wenn es gilt, eine andere Regierung in die Schranken zu weisen. Vor dem Hintergrund des im Dezember vom US-Senat nach mehrjährigem Vorlauf verabschiedeten »Magnitsky Act« liefert Russland sich derzeit mit den USA eine stellenweise absurd anmutende Auseinandersetzung, bei der sich beide Seiten auf die Menschenrechte berufen. Читать далее

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Extremismus à la russe

Wer sich gerne noch einmal auf YouTube den Videoclip von der Aktion der Punk-Aktionskünstlerinnen von Pussy Riot im Februar 2012 in der Moskauer Erlöserkathedrale ansehen möchte, sollte sich beeilen. Heute stufte ein Moskauer Gericht den Clip als „extremistisch“ ein und veranlasste die Blockierung praktisch aller bisher im Internet veröffentlichten Videoaufnahmen der Perfomances von Pussy Riot. Читать далее

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„Homosexuelle Propaganda“ als Straftat – russische Konservative im Kampf gegen die Moderne

Als am 17. März 2012 in St. Petersburg „homosexuelle Propaganda“ trotz heftiger internationaler Proteste und intensiven Debatten vor Ort unter Strafe gestellt wurde, war bereits abzusehen, dass sich zahlreiche russische Regionen diesem Beispiel anschließen werden. Bereits in den Jahren zuvor gab es eine Reihe ähnlicher Gesetzesinitiativen, nur trafen diese in der Öffentlichkeit kaum auf Resonanz. Bereits seit 2003 versuchte der ehemalige Dumaabgeordnete Alexander Tschujew, der vormals der Partei „Heimat“ und heute dem „Gerechten Russland“ angehört, mehrmals vergeblich ein landesweites gesetzliches Propagandaverbot durchzusetzen. Vorstöße aus der Provinz endeten schließlich mit entsprechenden Gesetzesänderungen. Den Anfang machte im Frühjahr 2006 das Gebietsparlament von Rjazan, 2011 folgten Archangelsk und Kostroma. Inzwischen haben zahlreiche weitere Regionen, darunter Nowosibirsk, Magadan und Samara, entweder bereits Gesetzesänderungen beschlossen oder aber befinden sich noch im Diskussionsprozess. Auch der Duma liegt ein Gesetzesentwurf vor.

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Der Rat ist ratlos

In Russland wurde Ende Oktober ein oppositioneller Koordinationsrat, das wichtigste Gremium der Regierungsgegner, gewählt. Viel ist von ihm nicht zu erwarten. Die Regierung geht derweil repressiv gegen ihre Gegner vor.

Russlands nationale Selbstbestimmung ist bedroht. Dies suggerieren zumindest jene, die der Unterwerfung unter das Joch westlicher Großmächte standhaft ihre Treue zum Kreml entgegenhalten. Zu ihnen gehört Alexander Sidjakin, Abgeordneter der Partei Einiges Russland. Um den russischen Staat zu schützen, initiierte er Maßnahmen wie die Verschärfung des Versammlungsgesetzes und die Verpflichtung für NGOs, sich als »ausländische Agenten« zu kennzeichnen, falls sie finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Noch ist kein »ausländischer Agent« geoutet worden, denn das Gesetz tritt erst am 20. November in Kraft. Aber Sidjakin, der seine politische Karriere Mitte der neunziger Jahre als Anführer der Nationalbolschewistischen Partei in Twer begann, sorgt dafür, dass niemand vergisst, in wessen Auftrag die russische Opposition agiert. Читать далее

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Zu Gast als Sklave

Am 4. November, dem „Tag der Volkseinheit“ marschierten über 5000 Rechtsradikale und Neonazis durch die Moskauer Innenstadt. In Sprechchören huldigten die Teilnehmenden den wegen vielfachen Mordes verurteilten norwegischen Rechtsextremisten Anders Breivik und forderten die „Reinhaltung der weißen Rasse“. Auch die vermeintliche Gastfreundschaft gegenüber Zugereisten aus Zentralasien war Thema. „Das tolerante Moskwabad freut sich über jeden Gast“ war auf einem Transparent zu lesen. Was man sich darunter in der Praxis vorzustellen hat, illustriert der Umgang mit Arbeitskräften insbesondere aus Zentralasien. Читать далее

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Im falschen Film

Wegen eines dubiosen Videos gehen die russischen Behörden gegen prominente linke Oppositionelle vor.

Dass sich russische Strafverfolgungsbehörden gegenseitig mit haarsträubenden Aktivitäten überbieten, die sich mit Recht und Gesetz nur bedingt vereinbaren lassen, ruft in Russland kaum mehr Verwunderung hervor. Wird das Fernsehen mit auf den Plan gerufen, um vordergründig Fakten für spätere Gerichtsverfahren zu liefern, verschwimmen Realität und Fiktion vollends. Читать далее

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Moskauer Millionen

Zum oppositionellen »Marsch der Millionen« in Moskau kamen etwa 30000 Menschen. Die heterogene Opposition gegen Wladimir Putin tut sich schwer bei der Entwicklung politischer Perspektiven.

Die Enttäuschung nach dem mittlerweile dritten »Marsch der Millionen« am 15. September in Moskau war groß. Dabei hat sich nur vollzogen, was bereits in den vergangenen Monaten absehbar war: ein leichter Rückgang der Teilnehmerzahlen, Routine nach der anfänglichen Euphorie und eine deutliche Hinwendung zu sozialen Inhalten. Das allein reichte aus, um die Großveranstaltung für gescheitert zu erklären. Immerhin etwa 30 000 Menschen nahmen daran teil, angesichts der ohnehin überzogenen Angaben bei früheren Demonstrationen kommt das keineswegs einer Katastrophe gleich. Stein des Anstoßes war jedoch der scheinbare oder tatsächliche Rückzug der von der liberalen Presse gehätschelten sogenannten kreativen Klasse, des imaginären Repräsentanten eines neuen, besseren Russland. Читать далее

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