»Der Inlands­geheimdienst FSB bleibt auf jeden Fall ermittelnde Instanz«


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Aleksandra Krylenkowa wurde 1979 in Leningrad geboren und kam über ihre Familie frühzeitig mit der Menschenrechtsorganisation Memorial in Kontakt, bei der sie dann lange aktiv war. Vor einigen Jahren gründete sie die Organisation »Offener Raum«, die in Sankt Petersburg und seit kurzem auch in Moskau Treffpunkte betreibt, in denen sich politisch engagierte Menschen austauschen können.

Im Juni 2020 wurden in der sibirischen Stadt Kansk drei 14jährige verhaftet. Diese sitzen seitdem in Untersuchungshaft, einer von ihnen steht unter Hausarrest. Ihnen wird vorgeworfen, terroristische Handlungen geplant zu haben. Die Anklage stützte sich zunächst unter anderem darauf, dass sie im Videospiel Minecraft ein Gebäude des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB nachgebaut und gesprengt haben sollen. Der Fall erhielt große Aufmerksamkeit. Wie kommt es, dass auf einmal Minderjährige als Terroristen verfolgt werden?

Rückblickend kann man sagen, dass diese Jugendlichen das Glück hatten, dass eines der Verdachtsmomente in der Nutzung des Videospiels Minecraft bestand. Читать далее

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In Russland unerwünscht

Die russische Regierung geht nicht nur gegen einheimische Oppositio­nelle, sondern auch gegen einige ausländische Organisationen vor. Kürz­lich wurden erstmals drei deutsche Vereine verboten.

Unerwünscht! Hinter dieser schlichten Formel verbirgt sich in Russland ein modernes Synonym für «Volksfeinde». Ende Mai wurden erstmals drei deutsche Vereine in die Liste «ausländischer und internationaler nichtstaatlicher Organisationen, deren Tätigkeit auf dem Gebiet der Russischen Föderation als unerwünscht anerkannt ist» aufgenommen. Bislang führt das Justizministerium darin 35 Organisationen auf, hauptsächlich US-amerikanische, aber das Länderspektrum umfasst auch Großbritannien, Tschechien oder Litauen. Jegliche Form der Projektarbeit in Russland ist ihnen untersagt, Bankkonten dürfen nicht eingerichtet werden, die Finanzierung aus dem Ausland ist Tabu. Auf Verstöße stehen Geldbußen oder Freiheitsentzug von bis zu sechs Jahren. Читать далее

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Leugnen und verharmlosen

In Moskau sterben so viele Menschen wie noch nie an Corona. Doch die Skepsis gegenüber Impfungen bleibt groß

Es ist ein ruhiger Samstagnachmittag. Auf dem Puschkin-Platz im Zentrum von Moskau herrscht eine relaxte sommerliche Atmosphäre. Paare und Kleingruppen flanieren gemächlich am Springbrunnen vorbei, die meisten Parkbänke sind belegt. Kurz vor 16 Uhr trudeln mehrere Journalistinnen und Journalisten ein. Eine von ihnen in knallrotem Kleid nimmt mit dem Smartphone die Rede einer älteren Frau auf, die sich mit dem Text der russischen Verfassung in der Hand hier postiert hat.


Die russische Verfassung. Foto uw

Zehn Meter entfernt fragt eine ganz in Weiß gekleidete Frau, wo denn »unsere Leute« abgeblieben seien. »Keine Ahnung«, antwortet ihr eine in tiefes Blau gehüllte sportliche Blondine. »Wir Unzufriedenen treffen uns gewöhnlich um 14 Uhr, aber auf der anderen Seite am Puschkin-Denkmal.« Читать далее

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Russlands Kommunisten im Wahlkampf

Die KPRF setzt auf ihre traditionellen Themen, will aber auch mit neuen Kandidaten punkten

Bald geht es los mit dem Wahlkampf: Vom 17. bis zum 19. September sind alle Wahlberechtigten in Russland aufgerufen, ihre Stimme abzugeben für die neuen Parlamentsabgeordneten. Die meisten Parteien haben ihre Kandidatinnen und Kandidaten bereits aufgestellt, an diesem Montag beginnt deren offizielle Registrierung bei der Wahlkommission. Erst danach gibt es grünes Licht für Debatten, Agitation auf der Straße und was sonst noch zu einem ordentlichen Werben um die politische Gunst der Bürger dazugehört.


Nikolaj Wolkow (links) neben Walerij Raschkin, Moskauer Spitzenkandidat der KPRF. Foto uw
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Kritik mit Platzpatronen

Auf dem Roten Platz in Moskau gab Pawel Krisewitsch am Freitag voriger Woche zwei Warnschüsse aus einer Schreckschusspistole ab. Ein dritter Schuss brachte ihn zu Fall. Unmittelbar zuvor hatte er lauthals ein kurzes Manifest gegen staatliche Repression verlesen, das sein Rezept gegen die allgegenwärtige Angst davor enthielt. »Hey! Polizeistaat! Zukünftiger failed state! Auf Gewalt und Repression antworten wir mit Furchtlosigkeit!« Kaum war das Spektakel zu Ende, packten Polizisten den Aktionskünstler und trugen ihn weg. Außerdem nahmen sie eine 19jährige Journalistin fest, die den Vorgang filmte. Gegen beide läuft ein Strafverfahren wegen Hooliganismus, Krisewitsch sitzt seit Sonntag in Untersuchungshaft.


Pawel Krisewitsch im Juni 2020 nach der Urteilsverkündung gegen zwei Petersburger Antifaschisten im «Netzwerk-Fall». Foto uw
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Generalprobe für die Duma-Wahl

Die Kreml-Partei Einiges Russland ließ Vorwahlen abhalten. Daran beteiligte sich auch Aleksandr Borodaj, der ehemalige Ministerpräsident der »Volksrepublik Donezk«.

Es war eine Art Generalprobe für die im September geplante Parlamentswahl in Russland. Zwölf Millionen Wahlberechtigte haben in der letzten Maiwoche bei den Vorwahlen ihre Stimme abgegeben, um Kandidaten der Partei Einiges Russland zu bestimmen. Für ein aus Sicht der Regierung wünschenswertes Ergebnis bei den Parlamentswahlen müssten weitaus mehr Wählerinnen und Wähler mobilisiert werden, trotzdem kann sich die hohe Beteiligung an den Vorwahlen der Kreml-Hauspartei sehen lassen. Durch die Simulation demokratischer Abläufe geben sie zumindest Anhaltspunkte dafür, wer im Herbst in die Duma einziehen könnte und wer nicht. Am besten schnitten die erklärten Favoriten der Parteiführung und der regionalen Machtapparate ab. Erfolgreich waren insbesondere auch im medizinischen Bereich Beschäftigte, eine direkte Folge der Covid-19-Pandemie.

Doch auch bei der Staatspartei liefen die aufwendig inszenierten Vorwahlen nicht ohne Reibereien ab. Читать далее

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Der Kreml zieht die Schraube an

Im Herbst stehen in Russland Parlamentswahlen an. Wladimir Putin und sein Machtapparat versuchen mit Strafbefehlen und neuen Gesetzen, so viele Oppositionelle wie möglich bereits im Vorfeld von den Wahlen auszuschliessen.

Seinen 45. Geburtstag am 4. Juni verbrachte Alexei Nawalny in einer Gefängniszelle. Aber das sei nebensächlich, liess der international wohl bekannteste politische Gefangene Russlands per Instagram verlauten. «Ich wollte nur ungern zum Tier werden» – hiess es in dem Post. Das sei ihm gelungen; auch an seinen Überzeugungen habe sich nichts geändert. Ein schwacher Trost.

Denn allein im Nachgang der landesweiten Proteste, die auf seine Festnahme im Januar folgten, wurden bisher 116 Strafverfahren eingeleitet. Und mit Blick auf die im September anstehenden Duma-Wahlen arbeiten die Regierung, die Legislative und der Polizeiapparat mittlerweile eifrig daran, Oppositionellen den Zugang zum Parlament zu verwehren. Читать далее

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Das staatliche Hijacking

Um des in Belarus zur Fahndung ausgeschriebenen oppositionellen Bloggers Roman Protasewitsch habhaft zu werden, zwang die belarussische Führung ein Passagierflugzeug zur Landung in Minsk.

Der Ryanair-Flug 4978 von Athen nach Vilnius hätte am 23. Mai gegen Mittag in der litauischen Hauptstadt landen sollen. Nichts sprach gegen einen planmäßigen Flugverlauf, bis die Passagiermaschine um 12.30 Uhr Ortszeit den Luftraum über Belarus erreichte. Es dauerte keine 20 Sekunden, bis der Pilot von der zuständigen Minsker Flugsicherung die Meldung erhielt, an Bord befinde sich eine Bombe, die über Vilnius zur Detonation gebracht werden könnte. Deshalb lautete die Empfehlung, den Flughafen in Minsk anzusteuern. Zunächst behielt das Flugzeug seinen Kurs bei, bis es kurz vor der Grenze zu Litauen eine Kehrtwendung vollzog, einen Notruf absendete und den Landeanflug auf Minsk vorbereitete. Ein Kampfflugzeug der belarussischen Luftwaffe vom Typ MiG-29 begleitete von da an das zivile Flugzeug.

Einem der Passagiere wurde schnell bewusst, dass der Kurswechsel seinetwegen veranlasst worden war. Читать далее

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Der solide Sozialist

Porträt — Der russische Oppositionelle Nikolai Platoschkin

Nikolaj Platoschkin kämpft für einen neuen Sozialismus. Seine 2019 gegründete gleichnamige Bewegung soll nicht weniger als 80 000 Anhängerinnen und Anhänger umfassen, Platoschkins Youtube-Kanal haben sogar über 600 000 Fans abonniert. Der 55jährige ehemalige Diplomat, Historiker und Politologe strahlt Solidität aus und selbst fundamentale Kritik am russischen Machtsystem legt er in behäbiger Manier dar. Die vergangenen zwanzig Jahre unter Wladimir Putin hält er für vergeudete Zeit, mit historischen Größten wie Lenin und Stalin könne sich der Präsident, der keine seiner Versprechen eingelöst habe, nicht messen. Читать далее

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Überall Extremisten

Die russischen Behörden verschärfen die repressive Vorgehen gegen das Team um den Oppositionspolitiker Aleksej Nawalnyj, gegen Anwälte, Journalisten und jene, die während seines Hungerstreiks protestierten.

Alle Augen richteten sich auf Aleksej Nawalnyj. Genauer gesagt auf seinen abgemagerten Körper, der seit seiner Rückkehr aus Deutschland im Januar 22 Kilogramm Gewicht verloren hat. Es war der erste öffentliche Auftritt des Oppositionspolitikers seit Beendigung seines Hungerstreiks. Per Videoübertragung nahm er am Donnerstag voriger Woche an einem Berufungsverfahren teil, in dem er gegen ein Urteil in erster Instanz vorgeht, die ihn wegen Verleumdung zu einer Geldstrafe von 9 00 Euro verurteilt hatte. Seine Angriffslust hat er nicht eingebüßt. Mit »Liebes Gericht, euer König ist nackt« setzte er zu seiner Verteidigungsrede an. Es ist davon auszugehen, dass sich ihm während seiner Haftzeit noch weitere Gelegenheiten für ähnliche Auftritte bieten werden. Читать далее

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