Brüder im Wahn

In Russland wurde der Wahlsieg Donald Trumps von vielen positiv aufgenommen. Doch einige Ökonomen bleiben zurückhaltend.

Russische Wähler hätten für Donald Trump gestimmt. In den vergangenen Monaten wurde in Russland mehr Wahlkampf für den zukünftigen US-Präsidenten betrieben, als es für Politiker des Landes üblich ist, und in der Staatsduma sorgte die Nachricht von Hillary Clintons Niederlage für lauten Applaus. Trump zog Sympathien auf sich, weil er in Aussicht stellte, die Frage nach einer internationalen Anerkennung der Krim-Annexion durch Russland aufzuwerfen und die Aussetzung der Wirtschaftssanktionen voranzutreiben. Читать далее

Рубрика: Russland und der Westen, Wahlen | Метки: , | Комментарии к записи Brüder im Wahn отключены

Routinierte Zurückweisung

Täglich versuchen aus Belarus kommende tschetschenische Flüchtlinge, in Polen einen Asylantrag zu stellen. Den meisten wird dies verweigert.

Brest zur Mittagszeit. Vor wenigen Minuten ist der Vorortzug aus dem polnischen Terespol in den eindrucksvollen Bahnhof eingefahren. In der Empfangshalle herrscht eine nervöse Stimmung. Gleich werden die ersten Reisenden durch die Türen strömen, nachdem sie die belorussische Pass- und Zollkontrolle durchlaufen haben. Hier hegt niemand Vorfreude darauf, bekannte Gesichter zu sehen. Im Gegenteil, je weniger Menschen nach Brest zurückkommen, desto besser. Denn der Großteil der Passagiere ist um 8 Uhr 45 morgens mit dem Zug Richtung Polen aufgebrochen, um dort eine sichere Bleibe zu finden.

brest_okt16_012
Für viele Flüchtlinge nur eine Durchgangsstation. Das Bahnhofsgebäude im belorussischen Brest (Foto: Ute Weinmann)
Читать далее

Рубрика: Belarus, Foto, Kaukasus, Menschenrechte, Migration, Reportage | Метки: , , , , , , | Комментарии к записи Routinierte Zurückweisung отключены

«Tag der Volkseinheit» — die Russen marschieren

In Russland befindet sich die gesamte Opposition zum Kreml seit geraumer Zeit in der Krise. Dieser Prozess macht auch vor der radikalen rechten Szene keinen Halt. Am diesjährigen «russischen Marsch» im Moskauer Stadtteil Ljublino am 4. November, dem «Tag der Volkseinheit», beteiligten sich gerade mal 800 Rechte, wobei etwa ebenso viele Polizisten vor Ort waren. Einige der bis dato führenden Figuren der rechten Szene befinden sich in Haft oder stehen, wie Dmitrij Djomushkin, vormals Slawischer Bund, später einer der Gründer der verbotenen Bewegung «Russkije», unter Hausarrest. Das Thema Repression nahm beim diesjährigen «Marsch» dementsprechend einen großen Raum ein, ebenso Kritik an der russischen Regierung, darunter auch an deren Sozialpolitik und der allgegenwärtigen Korruption.

rm16_162
Nationalsozialimus — Kampf für einen neuen Staat
Читать далее

Рубрика: Foto, Nazis + Nationalisten | Метки: , | Комментарии к записи «Tag der Volkseinheit» — die Russen marschieren отключены

Aleksej Gaskarow wurde nach Absitzen seiner Haftstrafe freigelassen

Vier Jahre nach den »Bolotnaja«-Protesten gegen Putin ist ein Aktivist wieder frei, andere sollen noch verurteilt werden

Exakt nach 1277 Tagen ist Aleksej Gaskarow wieder in Freiheit. Am Donnerstag nahmen Freunde und Familie den russischen Antifaschisten in Empfang, als er das Gefängnis von Tula, 200 Kilometer südlich von Moskau, verlassen durfte. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Gewaltanwendung gegenüber Polizeibeamten und Teilnahme an sogenannten Massenunruhen am 6. Mai 2012 auf dem Moskauer Bolotnaja-Platz unweit des Kremls zu dreieinhalb Jahren Haft.
gaskarov_27okt16_077
Der Ort des Geschehens verlieh den folgenden Gerichtsprozessen seinen sprichwörtlichen Namen: der Bolotnaja-Fall, abgeleitet vom Wort Sumpf. Hunderte von Menschen wurden an jenem Tag vor der Wiedereinführung von Wladimir Putin ins Präsidentenamt bei einer genehmigten Demonstration vorübergehend festgenommen, über 30 sahen sich infolge mit Strafermittlungen konfrontiert. Читать далее

Рубрика: Antifaschismus, Foto, Gerichtsprozesse, Protest, Russische Linke | Метки: , , , , , | Комментарии к записи Aleksej Gaskarow wurde nach Absitzen seiner Haftstrafe freigelassen отключены

Helden sollten Treppen steigen

Der Friedensprozess in der Ostukraine kommt nicht voran. Nicht nur an der Front wird geschossen, auch im Hinterland sterben Führungs­kader der Separatisten unter mysteriösen Umständen.

Helden sterben nicht. So steht es in Donezk auf riesigen Plakaten mit dem Konterfei von Arsenij Pawlow, besser bekannt unter seinem Kampfnamen Motorola. Der Heldenstatus ist dem Kommandeur einer prorussischen Sondereinheit sicher, nach seinem Tod mehr denn je. Am Abend des 16. Oktober explodierte eine im Aufzugsschacht von Pawlows Wohnhaus angebrachte Sprengladung und verletzte den dank russischer Medien über die Donezker »Volksrepublik« hinaus bekannten »Helden« tödlich. Sein Leibwächter kam ebenfalls ums Leben.

Den im Norden Russlands geborenen Pawlow verschlug es zunächst nach Rostow, wo er 2012 zu einer Bewährungsstrafe wegen Autodiebstahls verurteilt wurde. In den Reihen überzeugter Kämpfer für die russische Sache im Donbass, wo er ukrainischen Anschuldigungen zufolge Folterungen und öffentliche Hinrichtungen zu verantworten und außerdem einen ukrainischen Soldaten in Gefangenschaft erschossen haben soll, machte er zwei Jahre später eine steile Karriere an der Front, wenngleich sie nur kurz andauerte. Politische Posten blieben ihm jedoch immer verwehrt. Читать далее

Рубрика: Militär, Nazis + Nationalisten, Ukraine | Метки: , , | Комментарии к записи Helden sollten Treppen steigen отключены

Die Geduld der Russen

Keine Massenproteste, doch wachsende Unzufriedenheit mit einer angespannten sozialen Lage

Krisenmanagement ist in Russland ein bekanntes Phänomen. In den vergangenen 25 Jahren hatte die erprobte Bevölkerung nur allzu häufig Gelegenheit dazu, unkonventionelle Überlebensstrategien zu entwickeln. Oft erscheint dies sinnvoller, als Proteste mit unsicherem Ausgang zu organisieren. Читать далее

Рубрика: Protest | Метки: | Комментарии к записи Die Geduld der Russen отключены

Neonazis in Russland

Kein anderes osteuropäisches Land hat eine so gewaltbereite Neonaziszene wie Russland. Gehetzt wird gegen alle, die nichtrussischer Herkunft sind, auch Gewaltexzesse sind keine Seltenheit. Seit Jahren kursieren Tötungsaufrufe und Hinrichtungsvideos im Netz. Obwohl der Ukraine-Konflikt die rechtsextreme Szene gespalten hat, ist ihr Gewaltpotenzial ungebrochen.

Russlands militante Rechtsextremisten machen seit vielen Jahren durch Gewalttaten auf sich aufmerksam. Mehrere hundert Menschen verloren in den vergangenen zehn Jahren infolge des rechten Terrors ihr Leben, Tausende wurden angegriffen und trugen nicht selten erhebliche Verletzungen davon.[1] Der überwiegende Teil der Opfer stammt aus Zentralasien oder aus dem Kaukasus, aber auch Antifa-Aktivisten, Obdachlose, Schwule und selbst Richter dienen als Zielscheibe. In keinem anderen osteuropäischen Land existiert eine dermaßen gewaltbereite Neonaziszene, der schätzungsweise mehrere Zehntausende angehören. Im Jahr 2010 ging die Abteilung für Extremismusbekämpfung des russischen Innenministeriums von mindestens 150 aktiven militanten Neonazigruppierungen aus, mit steigender Tendenz.[2] Rechtsextremismusexperten wie Galina Koschewnikowa vom Moskauer Zentrum für Information und Analyse SOVA wiesen jedoch darauf hin, dass sich weder die genaue Anzahl an bestehenden Gruppierungen, noch deren jeweilige Mitgliederzahl exakt benennen lässt. Читать далее

Рубрика: Antisemitismus, Nazis + Nationalisten | Метки: , | Комментарии к записи Neonazis in Russland отключены

Hauptsache beleidigt

In Russland gibt es seit einigen Jahren wieder ein Gesetz, das Blasphemie unter Strafe stellt. Angewandt wird es nicht oft, dennoch empören sich Orthodoxe immer wieder gern über angeblich blasphemische Taten.

Vorsätzliche Beleidigung oder üble Nachrede, ob privat oder öffentlich geäußert, kann einen Menschen ins Mark treffen. Gelegentlich sogar so heftig, dass die Sache vor Gericht landet. Geht es um verbales Fehlverhalten säkularer Art, lässt der russische Staat Nachsicht walten. Selbst die Beleidigung einer Amtsperson zieht schlimmstenfalls die Ableistung von Arbeitsstunden nach sich, die den Verurteilten eines Besseren belehren soll. Bei Blasphemie, also der Verunglimpfung oder Beleidigung Gottes oder von Glaubensdogmen, wie es ein russisches Wörterbuch definiert, hört der Spaß jedoch auf.

Torfjanka9ijul15IMG_7868
Ein Kreuz mit diesen Christen. Radikale Orthodoxe wollen im Moskauer Torfjanka-Park den Bau einer Kirche durchsetzen (Foto: Ute Weinmann)
Читать далее

Рубрика: Foto, Obskurantismus, Protest | Метки: , , | Комментарии к записи Hauptsache beleidigt отключены

Putins Orthodoxe

Zwei Posten in der russischen Regierung wurden an Exponenntinnen des rechten Flügels der russisch-orthodoxen Kirche vergeben. Sie sorgen dafür, dass von postsowjetischer Liberalität immer weniger übrigbleibt.

Was hat die kommende Fußballweltmeisterschaft mit der russischen Orthodoxie zu tun? Ganz einfach: Ohne deren Segen gäbe es kaum noch Hoffnung auf eine termingerechte Fertigstellung des Stadionneubaus in St. Petersburg, einem der Hauptaustragungsorte der WM 2018. Mit Kosten von über einer halben Milliarde Euro wird die Zenit-Arena eines der teuersten Stadien der Welt, doch trotz der mehrfachen Bewilligung weiterer Zuschüsse zieht sich die Bauzeit in die Länge. Nach Strafverfahren wegen Hinterziehung öffentlicher Gelder, Arbeitsniederlegungen wegen ausstehender Lohnzahlungen von Subunternehmen und einer Terminverschiebung nach der anderen blieb der Stadtverwaltung Mitte September nur noch ein letzter Ausweg, um den Fans doch noch vor Jahresende die Tore zum Stadion zu öffnen: ein Gebet vor Ort mit dem Metropoliten von St. Petersburg.

Aber nicht nur Fußball, auch Bildung, Kinderschutz, ja eigentlich alle Bereiche des öffentlichen Lebens können sich dem Einfluss der Orthodoxie kaum mehr entziehen. Читать далее

Рубрика: Obskurantismus | Метки: | Комментарии к записи Putins Orthodoxe отключены

Keine Qual der Wahl

Moskau, es ist Wahltag. Gewählt wird die Duma, schon die siebte in postsowjetischer Zeitrechnung. Wählen darf ich allerdings nicht. Das ist nicht nur eine Frage des Passes, sondern der Meldeadresse. Etwa zwei Drittel der volljährigen Einwohner der Megastadt haben offiziell ihren festen Wohnsitz an einem anderen Ort und verfügen bestenfalls über eine befristete Anmeldung. In dem Fall ist der Versuch sich in Moskau einen Wahlzettel zu erschleichen sinnlos. Nur einmal habe ich es wohl aus Versehen bei den Bürgermeisterwahlen in eine Liste ehrenwerter Hauptstadtbewohner geschafft und ein Schreiben vom Bürgermeister bekommen mit dem fast unwiderstehlichen Vorschlag, meine Stimme abzugeben. Von dem Angebot habe ich keinen Gebrauch gemacht. Vermutlich hat das dann jemand anderer an meiner Stelle erledigt. Читать далее

Рубрика: Russische Linke, Wahlen | Метки: , | Комментарии к записи Keine Qual der Wahl отключены